Genetische Determinanten für Virulenz und Adaption der aviären Influenzaviren H9N2 und H5N8 in Geflügel und Säugetieren
bearbeitet am Institut für molekulare Virologie und Zellbiologie
Aviäre Influenzaviren (AIV) gehören zur Familie der Orthomyxoviridae und sind umhüllte RNA-Viren mit segmentiertem Genom. Auf Grund ihrer Oberflächenglykoproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) können sie in unterschiedliche Subtypen unterteilt werden. AIV verändern sich kontinuierlich durch einzelne Mutationen, Austausch von Gensegmenten und/oder Rekombination des Virusgenoms. Es gibt bei Landvögeln zwei Pathotypen der AIV: die hochpathogene (HP) und die niedrigpathogene (LP) aviäre Influenza. Die HPAIV entwickelt sich durch Mutationen in allen Gensegmenten aus LP-Vorläufern. Bislang ist nicht bekannt, welche genetische Konstellation zur Virulenz von HPAIV beiträgt und ob diese genetischen Determinanten von Vogelart zu Vogelart variieren (z. B. Hühner vs. Puten). Das LPAIV H9N2 und das HPAIV H5N8 der Klade 2.3.4.4 sind weltweit in Geflügelbeständen endemisch und werden häufig von Nutz- und Wildvögeln in Deutschland isoliert. H9N2 kann Gensegmente an andere aviäre Influenzaviren abgeben, die mit hohen Sterblichkeitsraten beim Menschen verbunden sind (z. B. H5N1, H7N9). Kürzlich wurde H5N8 im Menschen nachgewiesen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die genetische Prädisposition für die Anpassung von H9N2 und H5N8 AIV bei Geflügel und Säugetieren zu verstehen.
In meiner Dissertation konnte ich zeigen, dass eine Ansammlung von nicht-basischen Aminosäuren (aa) in der HA-Spaltstelle von europäischen LPAIV H9N2 vorkommt und dass diese Mutationen die Virus-Fitness in Puten beeinflussen. Außerdem führten diese Mutationen dazu, dass die LPAIV H9N2 in Säugergehirnzellen in-vitro replizieren konnten. Auf Grund dessen wollten wir herausfinden, ob ein Genaustausch von H5N8 und H9N2 möglich ist. Nicht alle Gensegmente waren kompatibel, aber die Viren, die wir generieren konnten, steigerten die Virulenz in Mäusen und auch die Replikation in humanen Zellen. Die Transmission von Huhn zu Huhn sank hingegen stark. Dies war hauptsächlich auf das NS-Segment von H9N2 zurückzuführen, aber auch auf die Kombination aus PB2, PA und NS. Weiterführend konnte gezeigt werden, dass eine präferierte Selektion für das NS1 Protein von H5N8 vorherrscht (217 aa bei H5N8 Klade 2.3.4.4 B vs. 237 aa bei H5N8 Klade 2.3.4.4 A) und dass der C-Terminus des NS1 von H5N8 Klade 2.3.4.4 B wichtig für die Virulenz, Transmission und Replikation in Hühnern und Enten ist. Auch war die üblicherweise vorkommende Länge von 230 aa nachteilig für die Virus Fitness in vitro und/oder in vivo. Abschließend konnte ich auch die Frage klären, ob die präferierte Selektion des NS1 Proteins in humanen Zellen und Mäusen die Virulenz beeinflusst. Hier konnte ich zeigen, dass je kürzer das NS1 Protein von H5N8 Klade 2.3.4.4 B ist, desto höher war die Virulenz, da IFN-β effektiv blockiert werden konnte.
Diese Ergebnisse verbessern unser derzeitiges Verständnis der AIV-Anpassung und dienen einer besseren Einschätzung des Potenzials dieser Viren zur Infektion von Säugetieren.
Abbildung 1: Zusammenfassung der genetischen Determinanten für Virulenz und Adaption der aviären Influenzaviren H9N2 und H5N8 in Geflügel (Puten, Hühnern, Enten) und Säugetieren (Mäusen und humane Zellen).
Abb.: C. Blaurock