Zur Epidemiologie des Bunthörnchen-Bornavirus 1 in Hörnchenhaltungen in Deutschland und Europa
bearbeitet am Institut für Epidemiologie
Zwischen 2011 und 2014 verstarben drei Menschen an einer ähnlich verlaufenden, fortschreitenden infektiösen Entzündung des Gehirns. Die konkrete Ursache solcher Enzephalitiden bleibt oftmals ungeklärt. Doch hier konnte eine Gemeinsamkeit aller Betroffenen ausgemacht werden, die auf die entscheidende Spur führte: Sie alle hielten privat exotische Hörnchen. Und in einigen dieser Hörnchen wie auch in den Gehirnläsionen der Verstorbenen fand man ein neuartiges zoonotisches Bornavirus, fortan Bunthörnchen-Bornavirus 1 (VSBV-1) genannt, das darauffolgend auch in anderen Haltungen in Deutschland und Europa detektiert wurde. Epidemiologisch warf das einige Fragen auf: Wie weit verbreitet ist dieses potenziell tödliche Virus? Woher und wie kam das Virus in deutsche Zoos und Privathaushalte? Und wie häufig gibt es solche Haltungen von exotischen Hörnchen in Deutschland überhaupt?
Der Aufklärung dieser Fragen habe ich mich im Rahmen meiner Promotionsarbeit innerhalb des Forschungsverbunds Zoonotic Bornavirus Consortium widmen dürfen. Dafür habe ich mich zum einen eingehend mit dem Vorkommen und der Struktur von privaten und Zoo-Hörnchenhaltungen in Deutschland beschäftigt, um ein freiwilliges Register als Grundlage für eine Querschnittsstudie zur Prävalenzschätzung aufzubauen. Unter Zuhilfenahme von sozialen Medien, dem Besuch von Züchter:innen-Treffen und dem Abtelefonieren langer Listen von Zoos konnten so zwischen 2018 und 2020 über 780 Hörnchen unterschiedlicher Arten auf das Vorhandensein von VSBV-1-spezifischer RNA in Abstrichen ihrer Maulschleimhaut und ihrem Kot untersucht werden. Lediglich in einer Haltung in einem Zoo wurde noch ein positives Schönhörnchen detektiert. Insgesamt wurde somit die Prävalenz von VSBV-1-positiven Haltungen als gering eingeschätzt (Privatbereich 0% [95%CI 0 - 6,2%], Zoobereich 1,9% [95%CI 0 – 9,9%]).
Bei den initialen Untersuchungen hatte sich herausgestellt, dass betroffene Haltungen miteinander in Kontakt standen. Daher war ein weiterer Schwerpunkt meiner Promotionsarbeit die Erforschung des Handelsnetzwerks von exotischen Hörnchen, um den Ursprung weiter einzukreisen. Da der Handel vor Ländergrenzen nicht haltmacht, flossen auch Daten europäischer Haltungen in die Analyse mit ein. Gestützt durch phylogenetische Analysen der Virusisolate konnte gezeigt werden, dass das VSBV-1-Geschehen in Europa vermutlich auf einen einmaligen Viruseintrag durch ein Prevost-Hörnchen stattfand, das Ender der 1990er Jahre aus Indonesien in eine deutsche Zucht importiert wurde.
An dieser Stelle möchte ich allen Mitglieder des Fördervereins ganz herzlich für diese Auszeichnung und Würdigung meiner Arbeit danken - einer Arbeit, die ohne die tolle Unterstützung meiner Betreuer und meiner Kolleg:innen so nicht möglich gewesen wäre. Tausend Dank auch Euch!
Abbildung 1: indonesisches Prevost-Hörnchen (Callosciurus prevostii)
Abb.: V. Allendorf
Abbildung 2: räumlich-zeitliche Rekonstruktion des Handels zwischen Zoos und Privathaltungen mit VSBV-1 positiven Hörnchen
Abb. aus: Cadar, Allendorf et al. (2021), https://doi.org/10.1080/22221751.2021.1902752; CC BY 4.0