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Förderpreise 2023

Immune responses of the Egyptian Rousette Bat – Deciphering the unique immunity of an important reservoir host for zoonotic viruses

 

bearbeitet am Institut für Immunologie

 

Die Ordnung der weltweit verbreiteten Fledertiere (Chiroptera) beinhaltet etwa 20% aller bekannten Säugetierarten und zieht nicht zuletzt seit der SARS-CoV-2-Pandemie weltweit großes Interesse auf sich. Anders als die meisten anderen Säugetiere können Fledertiere eine Vielzahl pathogener Viren beherbergen ohne selbst Krankheitszeichen auszuprägen (z.B. die Erreger von Tollwut oder hämorrhagischer Fieber). Was das Immunsystem dieser Tiere so einzigartig macht ist bis heute weitgehend unverstanden. Ein umfassenderes Verständnis dieser Immunität ist aber von entscheidender Bedeutung, um besser auf zukünftige Spillover-Ereignisse, die Weitergabe von Viren aus einer Reservoir- auf eine neue Wirtsspezies, vorbereitet sein zu können.

Meine Arbeit widmete sich der Untersuchung angeborener und adaptiver Immunmechanismen des Nilflughunds (Rousettus aegyptiacus, Abb. 1). Da diese Spezies bisher wenig immunologisch untersucht wurde, gab es wenige direkt verfügbare Methoden. Diese mussten daher zunächst für diese Spezies angepasst oder grundlegend neu etabliert werden.

Für die Analyse des angeborenen Immunsystems nutzen wir in dieser Arbeit neu angelegte Zellkultursysteme und von uns an Nilflughunde angepasste quantitative Polymerase-Kettenreaktionen (qPCR), um die Bildung von Interferon-Transkripten unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen. Anhand dieser Zelllinien konnten wir zeigen, dass antiviral wirksame Interferone im Nilflughund konstant gebildet werden. Dies steht in deutlichem Kontrast zu anderen Säugetieren, da Interferone gemeinhin nur bei Bedarf, z.B. als Reaktion auf eine Virusinfektion, gebildet werden. Des Weiteren war die Bildung von Interferon bei 40°C Körpertemperatur noch einmal deutlich verstärkt. Derart hohe Körpertemperaturen werden während des Flugs erreicht und sind damit für diese Tiere normal.Infektionsstudien mit den Flughund-Zelllinien zeigten weitere ungewöhnliche Effekte. So konnte das Lagos Bat Virus, ein in Afrika vorkommendes Lyssavirus, in Zellen des Nasenepithels replizieren, was für neurotrope (das Nervensystem befallende) Viren unüblich ist.

Für die Untersuchung des adaptiven Immunsystems der Nilflughunde etablierte ich Methoden zur Erstellung von Immunzellprofilen auf Einzelzellebene. Neben der in anderen Spezies häufig genutzten multiparametrischen Durchflusszytometrie wurden auch moderne RNA-Einzelzell-Sequenzierungen (single-cell RNA sequencing, scRNA-seq) für tiefergehende Analysen genutzt. Die Kombination dieser Methoden erlaubte neben einer umfangreichen Charakterisierung von Immunzellpopulationen in diversen Geweben auch erste funktionelle Untersuchungen dieser Zellen. So konnten wir zeigen, dass sich die Immunzellpopulationen im Nilflughund mit dem Alter wandeln und sich beispielsweise mehr Granulozyten und dafür weniger B-Zellen in adulten Tieren finden. Außerdem konnten wir erstmals Immunzellpopulationen definieren, die bisher in Fledertieren noch nicht beschrieben waren. Wir konnten z.B. Populationen von natürliche Killer-T-Zellen nachweisen, die das angeborene mit dem adaptiven Immunsystem verbinden. Im Gegensatz zu anderen Spezies weisen Nilflughunde einen deutlich höheren Anteil dieser Zellen auf, was Hinweise auf eine wichtige Rolle dieser Zellen für die Immunität der Fledertiere liefert.

Diese Ergebnisse geben deutliche Hinweise auf spezielle Anpassungen des Immunsystems von Nilflughunden an ihre Umwelt und die Viren, mit denen sie Kontakt haben. Die in dieser Arbeit etablierten Methoden bilden die Grundlage für weitere Studien zur antiviralen Immunität von Fledertieren und können damit zum besseren Verständnis der ablaufenden Prozesse beitragen.

Ich möchte an dieser Stelle herzlich dem Förderverein für diese Würdigung und Auszeichnung meiner Arbeit danken. Des Weiteren gebührt mein Dank den Kolleginnen und Kollegen am FLI sowie dem HIRI am Helmholtz Institut in Würzburg.

Abbildung 1: Junger Nilflughund am FLI (Foto: Virginia Friedrichs)

 

Abbildung 2: Zusammenfassung etablierter Methoden und Schlüsselergebnisse zur Erforschung des Immunsystems des Nilflughunds. Insgesamt neun Zelllinien konnten etabliert werden, welche entweder mit Stimuli behandelt, welche eine Virusinfektion nachahmen, oder mit verschiedenen Vireninfiziert. Die Produktion von Interferonen wurde außerdem unter Berücksichtigung der natürlichen Schwankungen in der Körperkerntemperatur eines Nilflughundes gemessen. Die Produktion von Interferonen ist, anders als bei Mensch und Maus, nicht nur induziert, sondern auch konstant vorhanden. Diese konstante Produktion wird bei 40°C Körpertemperatur (Tier im aktiven Flug, rot dargestellt) noch verstärkt. Das Profil von Immunzellen in adulten und juvenilen Tieren wurde auf Einzelzellebene analysiert. Hierzu wurden sowohl Durchflusszytometrie mit Blut- und Organproben, als auch Sequenzierung von Einzelzellen (scRNA-seq) verwendet. Hierbei kam ans Licht, dass juvenile Nilflughunde im Vergleich zu adulten einen höheren Anteil an B-Zellen in Blut und Organen haben. Adulte Tiere hingegen haben eine höhere Anzahl an T-Zellen und Granulozyten. Des Weiteren wurden mittels scRNA-seq diverse Immunzellpopulationen (zB NKT-Zellen) identifiziert, die zuvor noch nicht in Fledertieren beschrieben wurden. (Abb: Virginia Friedrichs)